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Wo Weihnachten entschieden wird

Es ist wieder Advent und wer sich an den Samstagen vor dem Fest durch Fußgängerzonen und Einkaufszentren bewegt, merkt schnell, dass der Einzelhandel auch dieses Jahr wieder allen Grund haben dürfte, zu jauchzen und zu frohlocken. So weit so gut, same procedure as every year. Schließlich schenke auch ich gerne und freue mich auch, wenn jemand an mich denkt.

Doch mit seinem Slogan „Weihnachten wird unterm Baum entschieden“ schafft es die rote Elektronikkette mit den dicken Buchstaben, den Sinn dieses Festes umzukehren. Weihnachten ist nicht dann ein gelungenes Fest, wenn wir den größten Plasmafernseher, das schnellste Notebook oder das realistischste Ballerspiel geschenkt bekommen oder verschenken. An Weihnachten wird Gott Mensch, ganz arm, ganz klein und er zeigt sich zuerst denjenigen, die auch schon vor 2.000 Jahren kein Geld für Geschenke gehabt hätten.

Deshalb finde ich es gut, dass sich Christinnen und Christen auf die Hinterbeine stellen. Sei es auf Facebook, auf evangelisch.de in Blogs oder mit einer Erklärung der Bischöfe. Gerade dann, wenn Gottes frohe Botschaft zum Konsumanlass gemacht wird, stellen sich die Kirchen quer und rücken den wahren Sinn wieder in den Blick. Nicht der Baum zählt, sondern die Krippe. Bemerkenswert ist dabei auch die Einigkeit die die Konfessionen an den Tag legen. Das, was uns eint, das, was wir gemeinsam haben, wird verkündet. Ein erfreulicher und ermutigender Abschluss für ein Jahr, in dem das Thema Ökumene mehr als einmal auf der Tagesordnung stand.

Nett für zwischendurch …

HirtenbarometerVor einigen Tagen berichtete Spiegel ONLINE über eine Website mit dem spannenden Namen hirtenbarometer.de. Der Gedanke liegt in Zeiten allgegenwärtiger Bewertungsplattformen nahe: Gläubige, ob katholisch, evangelisch, griechisch-orthodox oder russisch-orthodox, können hier ihre Hirten bewerten. Funktioniert das? Ich habs getestet…

Der Look

Die Seite wird dominiert von Schäfchen (was wohl das Bild für die Gläubigen sein soll, denn die Hirten soll man bewerten). An sich ganz knuffige Cartoons, aber auch irgendwie unlogisch, denn es geht ja um Hirten. Das wird ganz besonders deutlich, wenn man sich die Bewertungsseiten einzelner Hirten anschaut: Neben der Bewertung findet man ein Schaf, das bei schlechten Bewertungen schwarz, bei guten Bewertungen weiß und dazwischen grau ist. Wie soll man das verstehen? Bin ich also ein schwarzes Schaf, wenn ich meinen Hirten schlecht bewerte? Ein netter kleiner Hirte als Cartoon wäre da schön gewesen. Apropos: Die Seite redet die ganze Zeit nur von Hirten in der männlichen Form. Ist für Katholiken ja kein Thema, aber wenn DER Hirte dann EINE Pfarrerin ist, hört der Spaß irgendwie auf. Neutrale Sprache hin oder her, aber grammatikalisch korrekt sollte es schon sein.

Die Kriterien

Bewertet werden die Hirten (und -innen) anhand von fünf Kriterien: Am Puls der Zeit, Glaubwürdigekeit, Gottesdienst, Jugend- und Seniorenarbeit. Das ist bei Geistlichen, die eine Gemeinde haben, passend. Aber spätestens bei Bischöfen, Kardinälen oder gar dem Papst versagt das Ganze total. Denn auch wenn man die Herausgabe des Jugendkatechismus Youcat ebenso unter Jugendarbeit subsumieren kann, wie eine tolle Firmvorbereitung, sind sie grundverschieden. Ein Kaplan hat eben andere Aufgaben in Bezug auf Jugendliche wie z.B. ein Kardinal oder eine Ex-Landesbischöfin. Jeder mag sie auf seine Art gut machen, vergleichbar sind sie nicht. Die Bewertungsschritte reichen von 1 (schlecht) bis 6 (sehr gut).

Die Kommentare

Wie sich das für eine Bewertungsplattform gehört, gibt es auch die Möglichkeit, Kommentare zu hinterlassen. Ich habe mir nicht alle angeschaut, deshalb nur zwei Eindrücke, die vielleicht etwas oberflächlich sind. Erstens: Die Moderatoren machen einen guten Job, mir sind keine Beleidigungen aufgefallen. Ansonsten bewegt sich das Ganze auf dem Niveau sonstiger Kommentarseiten anderer Angebote. Also nichts Besonderes.

Und? Bringt es was?

Um es kurz zu sagen: Nein. Die Site dient nicht, wie ihre Macher schreiben, dem Dialog, denn wer hier bewertet, kann dies völlig anonym tun. Und zum Dialog auf Augenhöhe gehört ein offenes Visier.

Sie sagt auch nichts über die Gemeinde aus, denn Gemeinde lebt von ihren Menschen und Gruppen.

Und ein Ventil für den Frust über den Hirten stellt die Seite ebensowenig dar. Denn wenn ein Schaf etwas zu sagen hat, gibt es dafür genügend Möglichkeiten. Man kann das direkte Gespräch suchen oder sich an Pfarrgemeinderäte, Gemeindereferentinnen, Lektoren, Kommunionhelfer, Küster etc. wenden. Möglichkeiten gibt und gab es dafür genug. Mit dem entscheidenden Vorteil, dass man dann über konkrete Dinge sprechen und sie ändern kann.

Also: Bei akutem Anfall von Langeweile kann man mal vorbeischauen. Nett für zwischendurch ist es. Mehr aber auch nicht.