So. Das wars. Alle Flyer und Kugelschreiber sind ausgepackt, das Lebkuchenherz vom Bistum München und Freising ist angeknabbert, der Schal und die Teilnehmerkarte, die mich vier Tage lang begleitet haben, werden demnächst bei den Schals und Teilnehmerkarten der anderen Kirchen- und Katholikentage landen. Zeit für ein erstes Resümee des 98. Deutschen Katholikentages in Mannheim: War das der Aufbruch? Ging ein Ruck durchs Kirchenschiff? Oder war vielleicht alles doch ganz anders?
Eines gleich vorweg: Bei einem mehrere hundert Seiten starken Programmbuch erlebt jede/r den Katholikentag anders. Deshalb sind das auch nur meine persönlichen Eindrücke, sicherlich haben es viele ganz anders erlebt.
Ein Katholikentag auf der Suche …
Ich habe einen Katholikentag erlebt, der von der Suche nach Antworten geprägt war. Und zwar nicht nach Antworten auf die klassischen Standardfragen von „Wir sind Kirche“ und Co. Also den Fragen die nur Rom entscheiden kann. Und auch die Hybris, dass die deutschen Katholiken Rom in die Knie zwingen, war zwar hier und da zu hören, den Ton aber hat sie nicht bestimmt. Der Schwanz hat nicht mit dem Hund gewedelt und das war auch gut so.
Nein, es ging um die Frage, wie wir den Glauben zu den Menschen bringen. Wie Gemeinde in immer größeren pastoralen Räumen (er-)lebbar wird. Welche Angebote wir denen machen können, die keinen Bezug mehr zur Kirche haben. Oder anders gesagt: Wie Kirche zu den Menschen aufbricht.
Aufbrüche zu den Menschen
Beispiele für dieses Aufbrechen zu den Menschen gab es an allen Ecken und Enden. Vier möchte ich kurz schildern, weil sie mich ganz besonders beeindruckt haben: Da war zum einen eine Bibelarbeit mit Sr. Jordana Schmidt – nicht in einer Schule, Kirche oder in einem Kongresszentrum, nein, mitten auf dem Marktplatz, das Wort Gottes mitten unter den Menschen. Das ist nicht neu und jeder, der bei einer Prozession mitgegangen ist kennt das. Aber auch das ist ein Signal.
Oder auch, dass das Thema Fundraising auf dem Katholikentag aufgegriffen wurde. Nun kann man sich natürlich fragen, was das sammeln von Spenden mit unserem Glauben an sich zu tun hat, denn das wird erst auf den zweiten Blick deutlich. Wenn ich Menschen dafür begeistern will, eine Sache mit ihren Spenden zu unterstützen, muss ich mich selbst dazu bekennen, muss mein Anliegen an die Öffentlichkeit tragen und zeigen, wie gut und wichtig es ist. Auch Fundraising ist nur möglich, wenn ich Menschen die Arbeit in der Gemeinde nahe bringe. Und dadurch vielleicht auch den einen oder anderen zum Mitmachen begeistere. Zugegeben: Wer Menschen um Spenden bittet, dem geht es in erster Linie um einen neuen Anstrich für die Kirche, die nächste Jugendfreizeit oder die Fenster im Gemeindehaus. Aber trotzdem wird, sozusagen „huckepack“ die Arbeit der Gemeinde nach außen getragen.
Oder der Neubau der Propsteikirche St. Trinitatis in Leipzig: Eine Gemeinde mit einem Altersdurchschnitt von 37 (!) Jahren engagiert sich für den Neubau einer Kirche. Auch hier: Aufbruch zu den Menschen und zwar mittenrein.
Oder die engagierten Katholiken, die mitten in der Stadt einen offenen Treffpunkt etablieren um für Menschen mit Gesprächs- und Beratungsangeboten da zu sein und so ebenfalls Kirche zu den Menschen zu bringen.
Ganz Mannheim war an diesen Tagen voller solcher Aufbrüche zu den Menschen. Sie wurden als Projekte vorgestellt, es wurde darüber in Podien diskutiert und man tauschte sich – übrigens auch mit evangelischen Mitchristen, die gleiche Probleme haben – aus.
Dazu gab es natürlich ergreifende Gottesdienste, mitreißende Musik, Kabarett (von freilich sehr unterschiedlicher Qualität) und vieles vieles mehr. Jeder Tag war ein Tag voller Eindrücke. Und jeder Tag war voller großer und kleiner Aufbrüche, gemeinsam gewagt von Priestern und Laien, Männern und Frauen, Katholiken und Protestanten. Mit Mut, Engagement und – auch das war spürbar – getragen vom Geist Gottes und dem Bewusstsein, dass wir alle gesandt sind.
So gesehen ist DER Aufbruch in Mannheim ausgeblieben. Aber überall waren viele kleine Aufbrüche zu sehen. Viele Menschen tun an vielen Orten viele kleine Schritte. Das macht Mut.